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 Fragen und Antworten zur
Impfung bei Geflügelpest

(Friedrich-Loeffler-Institut, Insel Riems)
Stand: 6. Dezember 2005

Die Impfung gegen aviäre Influenza (AI) kann eine Infektion des geimpften Tieres nicht verhindern, führt aber zu einer weitgehenden Verhinderung der Krankheitssymptome und zu einer Reduktion der Virusausscheidung nach einer Infektion. Geimpfte Tiere sind aber weiterhin durch aviäres Influenzavirus infizierbar,

1. Was sind die Vor- und Nachteile einer Impfung des Haus- und Nutzgeflügels gegen aviäre Influenza?

wenn auch die für eine erfolgreiche Infektion notwendigen Virusmengen deutlich erhöht sind. Generell kann durch eine Impfung eine Infektion aber nicht  verhindert werden und es ist auch nicht möglich, allein durch Impfung ein laufendes Seuchengeschehen zu eliminieren. Impfung kann daher nur in Kombination mit Keulung (stamping out) zur Tierseuchenbekämpfung eingesetzt werden. Anzumerken ist, dass die Impfung bei Puten generell deutlich weniger wirksam ist als bei Hühnervögeln.

Der Nutzen einer Impfung von Geflügel gegen aviäre Influenza hängt von der epidemiologischen Situation und dem allgemeinen Entwicklungsstand der betroffenen Region und / oder des Landes ab. Tritt die Tierseuche bei bestimmten Geflügelarten oder bei Wildvögeln endemisch auf, wie es derzeit in Asien vermutet wird, kann eine ordnungsgemäße Impfung parallel zu den konventionellen Quarantäne- und Sanierungsmaßnahmen sinnvoll sein, um die Menge an zirkulierendem Virus zu verringern. Daher kann die prophylaktische Impfung als unterstützende Maßnahme vor allem in Ländern deren Veterinärsysteme und lokale Infrastrukturen von der Tierseuche überfordert werden könnten eingesetzt werden. Prophylaktische Impfungen könnten nicht nur neue Ausbrüche in Geflügelbeständen verhindern, sondern auch das Kontaktrisiko für den Menschen verringern. Dieser Aspekt sollte nicht unterschätzt werden, besonders bei Kontakt mit einem Virus wie dem derzeit in Asien grassierenden H5N1, das ein erhebliches zoonotisches Potential zeigt und gegen das zudem keine für den Menschen geeigneten Impfstoffe zur Verfügung stehen.

In seuchenfreien Regionen hingegen verschlechtern prophylaktische Impfungen von Geflügel die Kontrolle, da mit den derzeit verfügbaren Impfstoffen und Diagnostiksystemen keine eindeutige Unterscheidung von geimpften Tieren und mit Feldvirus infizierten Tieren möglich ist. Zusätzlich wird ein selektiver Druck ausgeübt, der zu einer antigenen Drift des auftretenden aviären Influenzavirus führen könnte. (siehe Frage 7).

2. Wie ist der Erfolg einer Impfung einzuschätzen?

Der Erfolg einer Impfung in einem laufenden Seuchengeschehen ist kritisch zu betrachten. In Norditalien wird nach umfangreichen Seuchenzügen mit Impfung nicht gelungen, die Seuche einzudämmen. Es müssen immer begleitende Maßnahmen wie die Tötung infektionsverdächtiger Tiere hinzukommen.

3. Welche Impfstoffe stehen derzeit zur Verfügung?

Zur Impfung stehen inaktivierte Vollvirusimpfstoffe verschiedener Subtypen zur Verfügung. Innerhalb der Gruppe der H5-Viren scheint es (noch) eine belastbare Kreuzimmunität zu geben, so dass z.B. in Asien mit Impfstoffen des Typs H5N2 gegen die H5N1-Epidemie geimpft wird. Diese Impfstoffe werden in Europa von den Firmen Intervet (Boxmeer, Niederlande) und Merial (Lyon, Frankreich) hergestellt und derzeit auch in Asien in beträchtlichem Umfang eingesetzt. Daneben gibt es einen Vektorimpfstoff auf der Basis eines rekombinanten Geflügelpocken (Fowlpox) Virus, der in China und in Mexiko in geringerem Umfang eingesetzt wird (FPV-Vakzine). Alle Impfstoffe müssen individuell jedem Tier verabreicht werden.

4. Warum wird nicht europaweit geimpft?

Gegenwärtig ist in der EU kein Impfstoff gegen Geflügelpest zugelassen. Die in anderen Ländern zugelassenen Impfstoffe sind nicht für exotische Rassen (Zoovögel) validiert, so dass über deren Wirksamkeit bei anderen Spezies als Nutzgeflügel nur bruchstückhaft Informationen vorliegen. Nach Einsatz des Impfstoffes in Zoos in den Niederlanden während der Epidemie 2003 wurde festgestellt, dass die Impfung nicht in allen Vogelarten zu einem als schützend zu bewertenden Antikörpertiter geführt hat. Damit ergibt sich die epidemiologisch höchst ungünstige Situation einer Population aus geschützten Tieren (die aber trotzdem infiziert sein können) und nicht geschützten Tieren. Dies ist die ideale Ausgangssituation für eine Persistenz des Feldvirus in dieser Population über längere Zeit. Bevor Restriktionen aufgehoben werden können. ist es daher notwendig, die Abwesenheit von Feldvirus in diesen Populationen nachzuweisen. Gleiches gilt auch für Geflügel: jedes geimpfte Tier ist als potentieller Feldvirusträger anzusehen, worauf auch die Notimpfungsstrategie der EU, d.h. Impfung, um die Seuchenausbreitung zu hemmen, aber danach Keulung, um das Virus zu eliminieren, abzielt. Generell ist anzumerken, dass der beste Schutz der Bevölkerung vor dem Geflügelpestvirus in einer Geflügelpestvirus-freien Geflügelpopulation besteht.Diesem  Ziel dienen die festgelegten Tierseuchenbekämpfungs-Maßnahmen. In einer ungeimpften Population wird der Eintrag gerade eines hochpathogenen Virus schnell bemerkt (die Tiere sterben im Regelfall in 24 - 48h) und es können die notwendigen Sanierungsmassnahmen kurzfristig eingeleitet werden. Im Falle einer geimpften Population kann ein Viruseintrag nur mit großem diagnostischen Aufwand bemerkt werden. Es müssten dazu ungeimpfte 'Sentinel-Tiere' in jeden Bestand gestellt und diese dann regelmäßig untersucht werden. Dieses Verfahren wird in Italien angewendet, hat aber bisher nicht zur Virusfreiheit Italiens geführt. Daher kann es zu einer schleichenden Weiterverbreitung des hochpathogenen Virus in geimpften Populationen kommen und das Virus sich damit festsetzen. Hier bleibt neben dem fraglichen Erfolg in der Tierseuchenbekämpfung auf längere Zeit eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung bestehen, sofern es sich um potentiell humanpathogene Geflügelpestviren (H5N1, H7N7) handelt.

5. In Asien wird geimpft - wie sind die dortigen Erfahrungen?

Auch die Erfahrungen aus Südostasien zeigen, dass eine prophylaktische Impfung, die nicht durch weitere veterinärhygienische Maßnahmen begleitet ist, keinen Erfolg bei der Eliminierung der Tierseuche zeigt. So hat Indonesien voll auf die Impfstrategie gesetzt. Nach den in der letzten Zeit gerade in Indonesien zunehmenden Infektions- und Todesfällen bei Menschen ist die Regierung nun dazu übergegangen, flankierende Keulungsmaßnahmen in großem Umfang durchzuführen. In China und Vietnam werden neben einer intensiven Impfkampagne in großem Umfang begleitende Tötungsmaßnahmen durchgeführt. Dies ist in der dort vorhandenen endemischen Situation die beste Möglichkeit, die Seuche zunächst einmal zum Stehen zu bringen.

6. Wie sollte man in Ländern vorgehen, in denen das Virus bis jetzt nicht aufgetreten ist?

Für eine seuchenfreie Region wie Deutschland gilt es nach wie vor, das Virus von den Geflügelbeständen fernzuhalten. Dies gelingt am effektivsten durch eine erhöhte Wachsamkeit, wie der Fall Viersen vor zwei Jahren gezeigt hat. Die Geflügelpestverordnung schreibt vor, dass bei erhöhter Sterblichkeit in Geflügelhaltungen zwingend auf das Vorhandensein von aviärer Influenza zu untersuchen ist. Eine solche erhöhte Sterblichkeit merkt der Geflügelhalter als Erster und an ihm liegt es dann auch, die Behörden zu alarmieren.

7. Könnten Impfungen zu einer Veränderung des Virus führen?

Unter Experten wird noch kontrovers diskutiert, inwieweit die Impfung letztlich auch zu einer Verschlimmerung der Situation führen kann, weil sich das Virus in einer geimpften Population sehr schnell verändert. Dies reflektiert z.B. die jedes Jahr anzupassende Grippeschutzimpfung des Menschen. Bisher ist eine solche antigene Drift bei Geflügelpestviren der Subtypen H5 und H7 nur in geringem Maße aufgetreten.

8. Wann sollten in Europa Impfungen erfolgen?

Vorstellbar und sinnvoll ist ein Impfstoffeinsatz beim Geflügel unter europäischen Bedingungen, falls ein bereits erfolgter Seucheneintrag nicht schnell genug erkannt und eliminiert werden kann und die Seuche daher droht, außer Kontrolle zu geraten. Hier können, ebenso wie z.B. bei MKS, Suppressions-, Ring- und Notimpfungen durchgeführt werden, um die Seuchenbekämpfung zu unterstützen. In jedem Fall ist danach aber das geimpfte Geflügel als potentiell infiziert anzusehen. An Impfstoffen, die eine Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Tieren erlauben und schnell und einfach auch an große Tierzahlen in Geflügelhaltungen appliziert werden können, wird am FLI intensiv geforscht.

9. Stehen DIVA- (differentiating infected from vaccinated animals) oder Marker-Strategien zur Verfügung?

Eine flächendeckend einsetzbare DIVA-Impfstrategie existiert unserer Auffassung nach für die aviäre Influenza derzeit nicht. Dies ist nicht zuletzt durch das Fehlen sicherer serologischer Differenzierungsverfahren begründet. Versuche zur Unterscheidung von Tieren, die mit Inaktivat-Vollvirusvakzinen geimpft wurden, von feldvirusinfizierten Vögeln, gründeten bislang auf den Nachweis differenter Neuraminidase-typspezifischer Antikörper bzw. auf die Detektion NS-1-spezifischer Antikörper. Beide Verfahren sind jedoch noch mit Problemen bezüglich der Trennschärfe behaftet. Gerade bei der Testung großer Probenmengen ist daher mit einem erheblichen Anteil fraglicher Ergebnisse zu rechnen. Zudem sind die Testverfahren umständlich und bisher nicht in Form kommerziell erhältlicher Systeme umgesetzt. Erste eigene Untersuchungen zur DIVA-Strategie auf der Basis des Nachweises NA-spezifischer Antikörper haben zudem Sensitivitätsprobleme der Methode beim Nachweis geimpfter und infizierter Hühner gezeigt. Insofern liegt für diese Verfahren unserer Meinung nach noch keine ausreichende Validierung und Praxisreife vor. Der Einsatz von so genannten ungeimpften "Sentinel-Tieren" als Indikator eröffnet zwar zusätzliche diagnostische Möglichkeiten, ist aber aus organisatorischen Gründen im Praxiseinsatz problematisch.Die Verwendung der FPV-Vakzine dagegen lässt zumindest vom theoretischen Ansatz her eine klare Unterscheidung gemäß dem DIVA-Prinzip zu, wenn man Antikörper, die spezifisch für das Nukleoprotein (NP) des Influenza-A-Virus sind, als Differenzierungskriterium heranzieht. NP-spezifische ELISA-Verfahren, die als Markerdiagnostika geeignet sind (z. B. NP-blocking-ELISAs) befinden sich derzeit im Erprobungsstadium und sind in Deutschland noch nicht kommerziell erhältlich. Die Wirksamkeit der FPV-Vakzine kann zudem unter Feldbedingungen, z.B. durch eine bereits vorhandene FPV-Immunität, stark eingeschränkt sein.

Zusammenfassend muss somit bemerkt werden, dass trotz des Vorhandenseins von AI-Vakzinen, die einen klinischen Schutz vermitteln und kommerziell erhältlich sind, nach unserer Auffassung derzeit kein verlässliches DIVA-Prinzip im Rahmen einer Impfung von Geflügel in größerem Maßstab umgesetzt werden kann.

An Impfstoffen und Diagnostika, die eine Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Tieren erlauben und schnell und einfach auch an großen Tierzahlen in Geflügelhaltungen angewendet werden können, wird am Friedrich-Loeffler-Institut intensiv geforscht.

© Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) 2005

Quelle; .www.verbraucherministerium.de

 

 

 

 


 

 

 

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